Bauherr: Privat
Bauzeit: 06/2013 - 09/2014
BRI: ca. 860 cbm
Fotos: Claus Morgenstern, Mannheim; Wieland Egger
Bad Hindelang im Allgäu hat eine enge Ortsbausatzung und legt strenge Maßstäbe an die Bauweise, um das Ortsbild ungestört weiter zu führen. Der Neubau eines Einfamilienhauses in Holzständerbauweise und Niedrigenergiestandard wurde im Außenbereich ohne Bebauungsplan und in Ensemblebetrachtung mit der Oberen Mühle, einem Bau aus dem 14. Jahrhundert, erstellt. Die Gemeinde in Ihrer Funktion als genehmigende Behörde hat den Entwurfsprozess dementsprechend mit strengem Auge überwacht.
Wir haben uns der Herausforderung gestellt und uns die Symbiose zum Thema gemacht. Ziel war es, eine traditionelle Erscheinung des neuen Baukörpers mit einer modernen, offenen Wohnform für eine junge Familie in Einklang zu bringen.
Die Entscheidung für einen Holzbau war schnell gefallen.
Die traditionelle Anmutung des Gebäudes beruht auf der Ausbildung des kompakten Baukörpers mit der ortstypischen Aufteilung des verputzten Sockelgeschosses und des durchgehenden stehenden Holzschirms im Obergeschoss.
Alle Fenster sind klar platziert und unprätentiös als zweiflügelige Fenster mit Sprosseneinteilung und Fensterläden. Um drei Seiten des Hauses sind die Öffnungen sparsam und gezielt gesetzt und unterstreichen somit außerdem die Erscheinung eines klassischen Bauernhauses dieser Gegend mit wenig Fensteranteil. Dadurch sind die drei Fassaden Nord, Ost und West ortsbildwirksam und von der Erschließungsstraße aus zu sehen.
Der Dachüberstand mit den ortsüblichen Dachrandabschlüssen komplettiert die traditionelle Erscheinung. Einzig die glatte, durchgehende Dachuntersicht lässt erkennen, dass es sich um einen modernen Baukörper handelt.
Eine kleine Besonderheit bildet die Ausformulierung des senkrechten Holzschirms. In die breit dimensionierten Bretter ist das Hauszeichen der Oberen Mühle: „Zwei Blickle“ in die Schalung eingeschnitten. Diese dreieckigen Aussparungen, in verschiedenen Größen und in Abständen über die Fassade verteilt, geben der Oberfläche eine individuelle Ausprägung und verleihen dem Haus eine feine individuelle Note.
Die Südfassade, die vom Ort aus nicht einsehbar ist, orientiert sich zu einer großen Wiese vor dem Fluss Ostrach und dem dahinter liegenden Bergmassiv. Diese Fassade ist über die gesamte Erdgeschosszone verglast und verbindet großzügiges offenes Wohnen mit einem wunderbaren Blick auf die Allgäuer Landschaft. Die großflächige Verglasung mit Pfosten-Riegel-Konstruktion ergänzt als modernes Element sehr harmonisch den Baukörper. Im Obergeschoss sind die bodenhohen Fenster in den Holzschirm integriert.
Da das Haus in einer Senke steht und über die Südseite nur eingeschränkte Sonneneinstrahlung hat, die vor allem im Winter durch die Berge abgedeckt wird, gewährleistet die großflächige Verglasung die notwendige Belichtung für den Wohnraum.
Im Inneren wird die Materialität des Holzhauses weitergeführt.
Die Längswände sind mit Lehmplatten beplankt. Die Decke ist in Brettstapelbauweise ausgeführt.
Das Wohnkonzept des Hauses ist zeitgemäß und modern mit maximal geöffnetem Erdgeschoss. Der Raum erstreckt sich über die gesamte Hauslänge und beinhaltet Wohnen, Kochen, Essen, Arbeiten und Gäste. Die Verbindung zum Obergeschoss erfolgt über eine freitragende Treppe, die neben dem Kaminofen ein Gestaltungselement des offenen Wohnraumes darstellt.
Im Obergeschoss ist das Haus klar in einen Elternbereich und einen Kinderbereich getrennt. Der Elternbereich auf der Nordseite beinhaltet eine Abfolge von Schlafen, Ankleiden und Bad. Der Kinderbereich, bestehend aus zwei großzügigen Kinderzimmern und einem dazwischenliegenden Bad, liegt auf der Südseite.
Das Gebäude ist als KFW 55 Haus konzipiert und erstellt. Tatsächlich liegt der Energiestandard durch die kompakte Bauweise noch darunter.
Das moderne Energiekonzept setzt auf Speicherenergie. Über beide Geschosse ist ein großer Wasserspeicher mit 4000 Litern eingebaut. Dieser speist die Fußbodenheizung und stellt das Brauchwasser bereit. Er wird erwärmt über drei Primärenergiequellen: den integrierten Holzofen, eine Solarthermieanlage und eine Luftwärmepumpe.
Beim KfW-Award 2015 errang das Wohnhaus den 2. Preis.
Einen kurzen Bericht hat auch das BMWE in einer Broschüre zur energetischen Sanierung veröffentlicht.
Egger Burkhardt Hentrich
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